Über




ARTIST STATEMENT 


„Die Wissenschaft ist der Verstand der Welt, die Kunst ihre Seele"

(Maxim Gorki)


Im Zentrum meiner Arbeit steht der Mensch. 

Die Gegenüberstellung von Normbereich und Wohlfühlbereich ist Ausgangspunkt für die Annäherung an Themen wie 

Rollenbilder, Körperlichkeit, Gesundheit, Schönheitsideale, Sexualität, Gender und deren Darstellung. 

Auch die Hinterfragung von Schaulust spielt in meiner Arbeit eine Rolle.


Das Thema Normbereich versus Wohlfühlbereich spiegelt sich nicht nur in meinen Arbeiten wieder, sondern wird auf 

den/die Betrachter_in projiziert und lädt dazu ein Norm_werte zu hinterfragen und die eigenen Wohlfühl_werte zu finden.


Mich interessiert Körperlichkeit als Gefäß für das Essenzielle.

Nacktheit verstehe ich als integratives Sinnbild für Authentizität 

und Vollkommenheit. Aber auch Verletzlichkeit.


Die künstlerische Arbeit ist für mich ein fortwährendes Forschen.

Der künstlerische Prozess ermöglicht mir meine Umwelt und meine Mitmenschen aufmerksamer wahrzunehmen.

Es ist im Grunde ein wissenschaftliches Streben, das nicht beurteilt und wertet, sondern ganzheitlich und vernetzt beobachtet. 


Wertfreiheit, Achtsamkeit und Reflexion sind mir in meiner Arbeit ein großes Anliegen.

Es ist jene Art zu forschen, in der ich mich selbst als Teil des Prozesses wahrnehme und mich mit dem Geschehen ganzheitlich verbunden fühle. Dieses Forschen hält für mich die Mysterien des Lebens wach. Während des Gestaltungsprozesses erlebe ich Höhen und Tiefen harmonisch verbunden. Jede Begegnung, jeder Moment im Schaffensprozess fügt sich als Sinn erfülltes und wesentliches Teil in die künstlerische Arbeit.


Ich lebe in Wien, wo ich seit meiner Kindheit zeichne und male.
Kunst ist für mich eine Kombination aus Handwerk und Liebe, ein Zusammenspiel von Talent und Praxis, Hingabe und Disziplin.


VITA:


Geboren 1969 in Wien.

Seit 2019: Freischaffende bildende Künstlerin. 

Autodidakt

Gastsemester an der Akademie der bildenden Kunst:

2011: Wolfgang Marx - Bildträger | Gegenständliche Malerei

2019: Veronika Dirnhofer - Zeichnen


AUSZEICHNUNGEN/FÖRDERUNGEN:

2020: We fund your art

2020: Anne Goldenberg Frauenkunst-Förderung

2018: EGA Kunst Award, Sonderpreis


HELGA ZUMSTEIN | ÜBER SABINE DUTY


The way you are

[...] «Bin ich schön?», hieß auch eine Ausstellung der österreichischen Künstlerin Sabine Duty, deren Werke ich in ihrer ungeschönten Wahrhaftigkeit in Verbindung mit einer großartigen, ganz und gar unverwechselbaren Maltechnik schlicht verblüffend finde.

Dazu muss man wissen, dass die Künstlerin im Gegensatz zu mir in Öl malt, weswegen der Schaffensprozess mehrere Tage und Wochen dauern kann. Sabine Duty hat also nicht nur sehr viel Talent, sondern auch sehr viel Geduld.


Vor allem aber hat Sabine Duty Mut. Mut, das zu zeigen, was Hochglanzmagazine vom menschlichen Körper nicht zeigen, weswegen man – vor allem, wenn «man» eine Frau ist – sich für die eigenen Abweichungen von der Norm schon in den Mädchenjahren zu schämen beginnt. Nur dass die Norm keine 21-jährigen Super-Beautys mit endlos langen Beinen und pfirsichhäutigem Liebreiz meint, sondern den Rest der Weltbevölkerung – also uns, dich und mich und all die anderen. Die meisten Figuren auf Sabine Dutys Bilder sind nackt. Nackt nicht nur im Sinn von «kleiderlos», sondern auch nackt bis ins letzte intime Detail.


Dabei scheut sich die Künstlerin nicht vor unkonventionellen und wenig vorteilhaften Perspektiven, um das Auge der Betrachtenden direkt auf das vermeintlich Makelbehaftete oder das im Alltag unter Kleidern sorgsam Verborgene zu lenken.

Manchmal lässt das Äußere der Dargestellten auch Rückschlüsse auf deren Lebenssituation zu: Dem Trinker sieht man das Trinken an, dem Drogensüchtigen die Drogen, dem Bauch der Frau die Geburten – kurzum: Hier ist das wahre, echte, pralle Leben, meisterinnenhaft dargestellt von Sabine Duty. Auch das braucht Mut: dieses vorbehaltlose Hinschauen, Wiedergeben, Abbilden – Mut gegenüber dem Modell, Mut gegenüber dem Publikum, Mut gegenüber sich selbst.

Ich darf das sagen, denn in meiner Eigenschaft als Künstlerin hätte ich diesen Mut nicht.

Es ist, als leuchte Sabine Duty mit ihrer Kunst den menschlichen Körper mit all seinen nur vorstellbaren Makeln aus wie eine Wissenschaftlerin, vollkommen wertefrei und vorurteilslos.

Gerade in dieser gewissen Distanzlosigkeit, die sich aus der furchtlosen Annäherung an das Körperliche bis ins intimste Detail und also an das zutiefst Verletzliche und Ureigene ergibt, liegt auch ein tiefer Respekt vor dem Menschen und dem, was ihn wirklich ausmacht. Ein Mensch, der den Maßstäben von äußerer Schönheit nicht entspricht, ist in seiner ganzen körperlichen Unvollkommenheit nicht weniger sehenswert und darstellungswürdig als ein sogenannt «bildschöner».

Im Gegenteil liegt gerade im sichtbar gelebten Leben, auch wenn es in Teilen und Phasen «misslungen» erscheinen mag, ein ungeheurer Reichtum: Hinter dem Sichtbaren erahnt man jene Dimensionen, die das Menschsein zum Ereignis werden lassen, immer wieder anders, einzigartig und unverwechselbar. Das ist es, was den Menschen am Menschen auf die Dauer interessiert, nicht körperliche Schönheit. Oder, wie unsere Großmütter wegwerfend zu sagen pflegten: «mit dr Schönheiit häsch nid gässu!»

Mit ihrem schonungslosen oder eher wirklichkeitsliebenden Blick untermalt die Künstlerin gänzlich unpathetisch die oftmals bemühte Rede von der «Schönheit, die im Auge des Betrachters liegt»: Sie hinterfragt mit ihrer Art der Darstellung die Schönheit selbst, so, wie wir sie zu sehen und zu bewerten gewohnt sind, ja sie lässt uns über die übergroße und zuweilen fatale Bedeutung nachdenken, die wir der normierten körperlichen Schönheit beimessen. Dass es höchste Zeit ist, uns von diesen starren, oftmals mit hirnrissigen Zahlen und Maßen verbundenen Normen abzuwenden, zeigen Bewegungen wie zum Beispiel Body Positivity gegen das Diktat von gängigen Schönheitsidealen. Oder aber die verblüffende Kunst von Sabine Duty.

«The way you are», heißt eine kommende Ausstellung der Künstlerin im Dezember 2022, und «the way you are» wollen wir, wollen du und ich und all die anderen, jetzt und in Zukunft auch bleiben. 


Helga Zumstein ist bildende Künstlerin. Sie lebt und arbeitet in Brig-Glis, Kanton Wallis, Schweiz.


Der Artikel wurde veröffentlicht in der eXperimenta.


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